Sidonia-Palffy-Preis für Literatur

Der Neulengbacher Sidonia-Palffy-Preis ist in Vorbereitung. Der Preis trägt diesen speziellen Namen, um Frauen zu ehren, die mit Sprache und Literatur eigene Wege gehen, sich einmischen, erzählen, widersprechen und sich nicht in vorgegebene Rollen fügen. Er soll an eine Frau erinnern, die schon im 17. Jahrhundert Mut, Selbstbewusstsein und Tatkraft bewies, in einer Zeit, in der Frauen kaum gehört wurden: Sidonia Agnes Palffy, Burgherrin von Neulengbach, verteidigte während der Türkenbelagerung 1683 ihre Burg, während die Männer an der Front standen. Sie übernahm Verantwortung, zeigte Entschlossenheit und Handlungswillen, Eigenschaften, die auch heute inspirieren. Der Preis ist ein Zeichen der Anerkennung für Frauen, die – wie Sidonia einst – mit Haltung, Intelligenz und innerer Stärke wirken und sichtbar machen, was sonst im Schatten bleibt.
Der Preis soll jährlich vergeben werden. Teilnahmeberechtigt werden alle deutschsprachigen Autorinnen sein, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben oder deren Werk einen erkennbaren Bezug zu österreichischer Geschichte, Kultur oder Gesellschaft aufweist.
Die Ausschreibung wird sich an Schriftstellerinnen richten, die mit ihren Texten Selbstwirksamkeit, Bewusstsein und gesellschaftliches Denken verbinden und durch sprachliche Eigenständigkeit, gedankliche Tiefe und innere Haltung überzeugen, sowie weibliche Stärke in all ihren Facetten sichtbar machen, ganz im Geiste jener Entschlossenheit, die Sidonia Palffy einst verkörperte.

Sidonia Palffy zeigte im 17. Jahrhundert,
was Bewusstheit und Selbstwirksamkeit bedeuten.
Sie regierte damals auf Schloss Neulengbach in Niederösterreich und war alleinverantwortlich für die Verwaltung der Herrschaft. Als die Türkeninvasion im Juli 1683 das Land verwüstete und nahezu alle Gemeinden brandschatzte, gelang es ihr, den Belagerern Widerstand zu leisten.
Während das Dorf Neulengbach in Flammen aufging, ließ Sidonia Palffy die Schindeldächer des Schlosses abtragen und verhinderte ein Übergreifen des Feuers. Sie und die zu ihr geflüchteten Bürger und Bauern, Männer, Frauen und Kinder des Dorfes verteidigten sich und das Schloss Neulengbach, indem sie mit kriegerischem Lärm eine starke Besatzung vortäuschten, bis schließlich die Türken abzogen, ohne das Schloss einnehmen zu können.
Die Türkeninvasion im Jahr 1683.
Eine Frau verteidigt die Burg.
Seit dem 1. Türkeneinfall 1529 waren kaiserliche Befehle ergangen, Warnfeuer vorzubereiten, um durch Feuersignale vor dem anrückenden Feind zu warnen. Am 22. September 1682 wurden die Befehle erneuert. Am 16. Juli 1683 erging an die Neulengbacher der Auftrag, sich mit Schaufeln und Werkzeugen nach Purkersdorf zu begeben. Bevor noch Kara Mustapha zwischen dem 14. und 16. Juli 1683 mit seinen Truppen Wien einschließen konnte, hatten sich Bürger und Bauern in sicheren Schlössern verschanzt. Den Bewohnern der Siedlung war schon vor Jahrzehnten ihr jeweiliger Zufluchtsort bekanntgegeben worden. Es war kein Ort mehr bis zur Enns von den Streifzügen der Türken sicher. Auch in Neulengbach bangte man allmählich um sein Leben. Das Schloss war zwar wohl versorgt, doch es fehlte der Burgherr. Karl von Lothringen hatte ihn zum Kaiser nach Passau gesandt und anschließend war er mit der Verteidigung Wiens beschäftigt. In der Zwischenzeit waren die Türken bis Anzbach vorgestoßen und brannten dort das Brauhaus und zwei herrschaftliche Mühlen nieder. Das Markttor von Neulengbach konnte den Feind nicht aufhalten. Als der Markt zu brennen begonnen hatte, mußten die Schindeldächer des Schlosses marktseitig abgetragen werden, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Die unermüdliche Tätigkeit der Burgfrau gab den Flüchtlingen Mut und Zuversicht. Der kriegerische Lärm, der eine starke Besatzung vorzutäuschen hatte, bewog die Türken zum Abzug, ohne einen Sturm auf die Burg zu versuchen. Die tapfere Haltung der Gräfin wurde zu ihren Lebzeiten noch gepriesen.
Quelle: https://grillennetz.eitle.at/site_grillennetz/neulengbachwieesseinsoll/geschichte_lang.htm

Sidonia Agnes Pálffy (1645–1721)
Gräfin, Burgherrin von Neulengbach, Mäzenin und Verteidigerin in bewegten Zeiten
Sidonia Agnes Pálffy, geborene Liechtenstein, kam am 2. August 1645 in eine der mächtigsten Adelsfamilien ihrer Zeit zur Welt. Sie wuchs in einer Welt auf, in der Stand und Herkunft alles bestimmten – und doch gelang es ihr, sich einen Platz in der Geschichte zu sichern, der über die üblichen Rollen einer barocken Aristokratin hinausging.
Als Tochter des Reichsfürsten Hartmann III. von Liechtenstein und der Altgräfin von Salm-Reifferscheid erhielt Sidonia eine für Frauen jener Epoche ungewöhnlich umfassende Bildung. Früh prägte sie eine tiefe katholische Frömmigkeit und ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein. Ihre Geschwister machten eindrucksvolle Karrieren – ihr Bruder Anton Florian wurde der erste Fürst von Liechtenstein –, doch Sidonia sollte bald ihren eigenen Weg gehen.
1669 heiratete sie den ungarischen Grafen Ján Karol (Johann Karl) Pálffy, dessen Familie zu den bedeutendsten des Habsburgerreichs zählte. Mit ihm zog sie auf Schloss Neulengbach, das zum Mittelpunkt ihres Lebens wurde. Hier zeigte sich ihr Charakter in einer Zeit, die von Gefahr und Unsicherheit geprägt war:
Während der Zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683, als die Männer an die Front gerufen waren, übernahm Sidonia die Verantwortung für die Verteidigung der Burg. Sie organisierte Schutz und Versorgung für die Dorfbewohner, die in der Feste Zuflucht suchten, und leitete die Verteidigung mit Entschlossenheit und Mut. Zeitgenössische Berichte sprechen von einer Frau, die überall zugleich zu sein schien – eine Herrin, die Trost spendete, Befehle erteilte und selbst im Angesicht der Bedrohung Ruhe und Würde bewahrte.
Neulengbach wurde während der Belagerung schwer getroffen, die Stadt fiel den Flammen zum Opfer – doch die Burg blieb standhaft. Die Menschen nannten sie später die "Frauenburg", und Sidonia wurde zur Legende. Geschichten erzählen von ihrem Wagemut, davon, wie sie – in Männerkleidung und mit Pistolen bewaffnet – selbst Erkundungsritte unternahm. Ob wahr oder erfunden: sie bezeugen die bleibende Faszination, die ihre Persönlichkeit ausstrahlte.
Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Sidonia die Verwaltung der umfangreichen Pálffy'schen Besitzungen in der heutigen Slowakei und in Niederösterreich. Sie führte die Güter mit Umsicht und wirtschaftlichem Geschick und bewahrte die Familie durch kluge Entscheidungen vor Verlusten.
Zugleich zeigte sie großes soziales Engagement. Gemeinsam mit ihrem Mann förderte sie den Piaristenorden und unterstützte den Aufbau von Schulen und Kirchen, insbesondere in Prievidza, wo noch heute die von ihr gestiftete Marienstatue auf dem Piaristenplatz steht. Später, als Witwe in Wien, stiftete sie Gelder für das Elisabethanische Spital, um dort die Pflege armer Frauen dauerhaft zu sichern.
Sidonia Agnes Pálffy starb am 20. März 1721 in Wien. Ihr Grab befindet sich in der Familiengruft der Pálffys in der Augustinerkirche.
Bis heute lebt ihre Erinnerung fort – als Sinnbild für Mut, Verantwortung und weibliche Stärke in einer Zeit, in der Frauen kaum eigene Handlungsspielräume hatten. In Neulengbach trägt ein Kulturpreis ihren Namen: der Sidonia-Pálffy-Preis erinnert an eine Frau, die ihre Stellung nicht zur Zierde, sondern zum Handeln nutzte – und damit weit über ihre Epoche hinaus wirkte.
Das Konzept des Sidonia-Palffy-Preises für Literatur wurde 2010 von Valerie Springer initiiert, mit dem Ziel, literarisches Schaffen mit regionalem Bezug zu fördern und das kulturelle Erbe der Region Neulengbach sichtbar zu machen. Idee, Logo, Gestaltung und inhaltliche Ausrichtung des Preises sind urheberrechtlich geschützt.